Is it too early Deutschland? - Schlimmer als Jan Böhmermann
Geht es überhaupt noch Schlimmer als Jan Böhmermann? |
Mit schnellen Worten stellt er die drei goldenen Regeln des Abends vor.
- Tragödie + Zeit = Komödie
- Lebt den Abend als könnte euch jederzeit der Schlag treffen; "Bei mir ist das nicht ganz so schlimm, wenn mich der Schlag treffen würde. Ich arbeite ja bei der ARD und könnte dann für 350.000€ im Jahr Lose verkaufen.
- Wer das Flugzeug MH370 hat, kann es endlich wieder rausgeben, it's enough, am Anfang war es noch lustig. Vor allem seien keine Deutschen an Bord gewesen. (Böhmermann verweist auf seine erste Regel!)
Vorsicht geboten: Böhmermanns schelmisches Lächeln. |
Puh, das hat schon gesessen. Mit pechschwarzem Humor bringt Böhmermann von Anfang an sein elaboriertes Publikum zum lachen. Sein "Gymnasiasten-Humor" kommt gut an. Man muss schon etwas Bescheid wissen, um seinen Humor richtig auffassen zu können. Die Besucher dieses Abends nennt Böhmermann "Dissoziale Dauermasturbatoren", die sich von World of Warcraft losgerissen hätten. Er versuche an diesem Abend eine Schicksalsgemeinschaft zu erschaffen, so wie auf der Costa Concordia mit ihm als Kapitän. Sobald es scheiße läuft kann er die brennende Bühne und die sinkende Show verlassen.
Der
gelernte Moderator und Journalist hat es sich zur Aufgabe gemacht mit
einem Haufen Selbstironie die Herzen seines Publikums zu erobern. "Das
deutsche Volk ist sehr humorvoll. Im Grunde war der Zweite Weltkrieg
auch nur ironisch gemeint." , witzelt Böhmermann. Bei seinem fast
ekstatischen Reden fällt ihm auf, dass er sehr viel herumspuckt und
reagiert gekonnt spontan direkt an die Besucher in der vordersten Reihe:
"Ich spucke sehr stark. In Erlangen sind zwei Frauen
schwanger geworden, da ich mir vor der Show, um in Laune zu kommen, mir
erstmal selbst einen blase." Hat er das wirklich gesagt? Ja
hat er. Aus den hinteren Reihen hört man nur als Aufforderung "Probier
es mal aus". Alles lacht. Egal wie grotesk der Witz scheint, das
Publikum will es hören und wartet nur auf die nächste Pointe.
Böhmermann interagiert viel mit dem Publikum. |
Seine spontane Art kommt gut an. |
Tagesaktuell macht sich Böhmermann auch über Markus Lanz lustig und singt mit den Zuschauern einen Gospel: "Set Markus Lanz free". Zwischendurch bringt er dabei noch Elemente aus seinem NeoMagazin unter, die er im Fernsehen schon in den Mittelpunkt gestellt hat.
Natürlich
ahnt das Publikum schon vor der Show, dass es gestalkt wurde. Denn Jan
Böhmermann kritisiert die öffentlichen Medien durch seine Kategorie
"Prism is a Dancer", bei der sich Böhmermann über die Posts bei Twitter
und Facebook von seinem eigenen Publikum lustig macht. "Ich liebe Mobbing.",
gibt Böhmermann zu. Tosender Applaus aus dem Publikum. Es kommt weiter
gut an solange nur Einzelpersonen und nicht man selbst betroffen ist und
in Gefahr gerät bloßgestellt zu werden.
Auch
ein Reisebericht über Berlin trägt Böhmermann zu mit dem Titel
"Eigentlich mag ich Berlin, aber eigentlich auch irgendwie nicht". Es
handele sich dabei um einen ziemlich guten Text, denn alle Buchstaben
seien enthalten... manchmal sogar doppelt. In Berlin sei es in letzter
Zeit ziemlich leise um Eisbär Knut und seinen Pfleger Thomas geworden,
obwohl es das beliebteste Tier-Mensch-Duo seit Klaus und Klaus geworden
sei. Ein Raunen geht durchs Publikum. War das Thema zu sensibel?
Böhmermann fragt sofort nach: "Is it too early, is it too early?".
Kann man darüber schon Witze machen? Das Publikum nimmt es amüsiert hin
und hofft insgeheim, dass der nächste Witz noch böser und gemeiner
wird.
Schlimmer als Jan Böhmermann endete in Bremen am 27. Mai |
Böhmermann schließt mit einer Ode an die 90er und einem
Schlusslied mit Einspielern von Olli Schulz ab. Das Publikum genießt diese gekonnte Selbstironie und noch ist jeder Witz gut angekommen. Denn scheinbar bewährt sich Böhmermanns erste goldene Regel: Tragödie + Zeit = Komödie. Irgendwann kann man über alles Witze machen und da ist Hitler noch das harmloseste.
Bald
wird Böhmermann dann um 20.15 Uhr wieder im Fernsehen zu sehen sein und
vielleicht ein ähnliches revolutionäres Programm wie seine letzte Show
kreieren. Und dann stellt man sich wieder die altbekannte Frage: Is it too early?
Fotos und Text: Vincent Lubbe
Fotos und Text: Vincent Lubbe
Aus dem Archiv: 30.05.2014
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